Es gibt zahlreiche Protokoll zur Uhrzeitsynchronisation innerhalb einer Netzwerkinfrastruktur. Am weitesten verbreitet sind NTP und SNTP, wenn jedoch ein äußerst hoher Grad an Genauigkeit erforderlich ist, dann ist das Protokoll PTP (Precision Time Protocol) die erste Wahl.
PTP wurde 2002 mit dem Standard IEEE 1588 vorgestellt, der seitdem immer wieder aktualisiert wurde (die letzte Version des Standards stammt aus 2019).
Einer der wichtigsten algorithmischen Bausteine von PTP ist der Algorithmus BMCA (Best Master Clock Algorithm). Über den BMCA kann bestimmt werden, welche der im Netzwerk verfügbaren Uhren die Referenzzeit für die gesamte Infrastruktur liefert.
Wie funktioniert der Algorithmus BMCA?
BMCA ist ein verteilter Algorithmus, der einen Leader auswählt. Der Algorithmus hat das Ziel, eine Grandmaster Clock festzulegen, d. h. eine Uhr zu bestimmen, die als Zeitreferenz für alle anderen Uhren dient.
Alle Uhren werden hierfür in einen Auswahlprozess eingebunden, um die Uhr mit der besten Zeitqualität zu ermitteln. Diese Qualität wird anhand mehrerer Kriterien bewertet, unter anderem:
- Eine vom Nutzer festgelegte Prioritätsstufe, um den Algorithmus zu umgehen, wenn er die Grandmaster Clock manuell bestimmt.
- Die Klasse der Uhr. Hierbei handelt es sich um ein numerisches Kriterium, mit dem das Maß der Qualität und Genauigkeit der Uhr charakterisiert werden kann. Zum Beispiel ist ein Server, der direkt mit einer Referenzuhr (Atomuhr oder GPS) verbunden ist, der Klasse 6 zugeordnet. Je kleiner der numerische Wert der Klasse, desto höher die Priorität der Uhr bei der Auswahl der Referenzzeit. Die möglichen Werte reichen von 6 bis 255, wobei 248 der Standardwert ist.
- Die Genauigkeit der Uhr (in Nanosekunden).
- Die Stabilität der Uhr. Diese Kennzahl gibt die Fähigkeit der Uhr an, über einen bestimmten Zeitraum die Zeit genau einzuhalten.
- Eine eindeutige Identifikation, wie die MAC-Adresse der Netzwerkkarte. Diese wird verwendet, um Uhren voneinander zu unterscheiden, die ansonsten die gleichen Eigenschaften haben.
Die als Referenzuhr festgelegte Uhr wird die Uhr mit der höchsten Qualität sein, das heißt, es ist die Uhr, die die Kriterien am besten erfüllt. Dies wird anhand des unten dargestellten Vergleichs ermittelt:
Nach Auswahl der Referenzuhr werden die Informationen im ganzen Netzwerk verbreitet, sodass jede Uhr genau mit ihr synchronisiert werden kann.
Wann genau wird der BMCA aktiv?
Der Auswahlalgorithmus wird beim Start des Netzwerks aktiv. Das ist jedoch nicht der einzige Zeitpunkt, zu dem der BMCA verwendet wird.
Der BMCA ist auch aktiv, wenn die Referenzuhr eine Störung aufweist (Abschaltung, Verlust der Synchronisation mit ihrer Zeitquelle usw.).
Außerdem bewertet das Netzwerk den Status der Referenzuhr mithilfe des BMCA ständig neu. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sie stets die beste Zeitquelle ist. In der Praxis übernimmt die Referenzuhr diese Rolle, indem sie ständig Nachrichten mit ihren eigenen Eigenschaften versendet. Wenn eine andere Uhr bessere Eigenschaften aufweist, beginnt diese, diese zu verbreiten, um die Referenzuhr „herauszufordern“ und ihrerseits zur Referenzuhr zu werden.
Welche Rolle spielen alternative BMCA?
Der in IEEE 1588 standardisierte BMCA kann angepasst werden, um für die Auswahl der Referenzuhr unterschiedliche Eigenschaften zu bestimmen.
So ist beispielsweise ein BMCA denkbar, der eher auf zeitliche Stabilität als auf sofortige Genauigkeit setzt, oder eine Variante, die eine höhere Robustheit gegenüber Ausfällen aufweist (was insbesondere in Netzwerken nützlich ist, die vielen Ausfällen ausgesetzt sind).
Das PTP-Protokoll mit BCMA kommt in verschiedenen Anwendungsfällen zum Einsatz, bei denen die Synchronisation entscheidend ist. Für spezifische Geschäftsanforderungen und die Interoperabilität von Systemen kann ein Profil mit einem Satz von Parametern und Optionen definiert werden, mit welchen die geforderte Genauigkeit und Stabilität erfüllt werden können.
Die Anwendungen
BMCA wird in vielen Branchen eingesetzt, die auf eine genaue und synchronisierte Zeit angewiesen sind, u. a.:
Transportwesen: Um einen sicheren und effizienten Betrieb zu gewährleisten, müssen Signal- und Verkehrsmanagementsysteme folgende Profile implementieren:
- IEEE 1588v2 Standardprofil
- IEEE 1588v1 Standardprofil
Telekommunikation: Um eine einheitliche Informationsübertragung zu gewährleisten, die Latenzzeit zu minimieren und die Qualität der Dienste zu optimieren, hat das ITU-Komitee die folgenden Profile für die Telekommunikation definiert:
- ITU-T G.8265.1 Profil für Frequenz
- ITU-T G.8275.1 Profil für Zeit/Phase
- ITU-T G.8275.2 Profil für Zeit/Phase
Energie: Um die Erzeugung, Verteilung und den Verbrauch von Energie effektiv zu koordinieren und zu überwachen, haben die Institutionen IEEE und IEC die folgenden Profile definiert:
- C37.238 :2011 Profil Power
- C37.238 :2017 Profil Power
- IEC 61850 9-3 Profil Utility
Rundfunk und Fernsehen: Um die Genauigkeit von Audio- und Videosignalen zu gewährleisten, ist beim Rundfunk und bei Live-Übertragungen eine genaue Synchronisation der Geräte unbedingt erforderlich. In diesem Zusammenhang wird das folgende Profil empfohlen:
- ST 2059-2:2021 Profil SMPTE
- AES67 Profil Medien
Industrie: Um eine automatisierte Fertigung mit hohem Durchsatz und eine einheitliche Verwaltung der Produktionsdaten zu erreichen, ist eine zuverlässige Zeitsynchronisation unerlässlich. Sie wird in Form des folgenden Profils dargestellt:
- IEEE802.1AS Profil TSN (Time Sensitive Network)
Mit mehr als 150 Jahren Erfahrung in der Zeiterfassung und einer Präsenz in mehr als 140 Ländern ist Bodet Time ein führender französischer Akteur auf dem Gebiet der Zeitsynchronisation und Zeitfrequenz. Die Netsilon PTP-Zeitserver bieten eine sichere Referenzzeit, die im Luft- und Schienenverkehr, im Gesundheitswesen und in der Industrie anerkannt ist.